Die SPD hätte CETA stoppen können – hat es aber nicht gewagt. Und das trotz der eigenen berechtigten Kritik an CETA. Wir sind enttäuscht – aber gut gerüstet für die weitere Auseinandersetzung. Lesen Sie unsere Analyse zum SPD-Beschluss – und wie wir jetzt CETA stoppen können und wollen.

Die Grund­werte-Kom­mis­sion, die Juris­ten, die Jusos, meh­rere SPD-Lan­des­verbände, der Arbeit­neh­mer­flü­gel, die SPD-Frauen und zahl­reiche Landes- und Kreis­verbände – sie alle hat­ten klar­ges­tellt, dass CETA die roten Linien reißt, die die SPD gezo­gen hatte. Den­noch haben die Dele­gier­ten des klei­nen SPD-Par­tei­tags dem Antrag des Par­tei­vors­tands zugestimmt

Nun befür­wor­tet die SPD die Zus­tim­mung zum vor­lie­gen­den CETA-Ver­trag­stext im Minis­ter­rat. Und will sogar die vorläu­fige Anwen­dung des Abkom­mens, wenn auch ohne das Kapi­tel über den Inves­ti­tions­schutz. Diese Ent­schei­dung ist sehr enttäu­schend und nicht nach­voll­zieh­bar. Schließ­lich sagt selbst die Par­teifüh­rung um Sig­mar Gabriel, dass CETA große Schwä­chen hat. Die SPD gibt also ohne Not ihr ein­ziges wir­kung­svolles Dru­ck­mit­tel aus der Hand, die EU-Kom­mis­sion zu Nach­ve­rhand­lun­gen zu bringen.

Statt­des­sen set­zen die Sozial­de­mo­kra­ten auf eine Stra­te­gie, von der unk­lar ist, ob sie die Pro­bleme von CETA auch nur im Ansatz behe­ben kann. Bei Inves­ti­tio­nen, Arbeits­stan­dards, öffent­li­chen Dienst­leis­tun­gen, dem Vor­sor­ge­prin­zip und öffent­li­cher Bes­chaf­fung sol­len in „recht­lich ver­bind­li­chen“ Pro­to­kol­lerklä­run­gen zwi­schen der EU und Kana­da sowie durch Bera­tun­gen im Euro­pa­par­la­ment Ver­bes­se­run­gen erreicht werden.

Einige der Pro­bleme von CETA könn­ten so viel­leicht ent­schärft wer­den. Doch die Beto­nung liegt auf „könn­ten“. Denn damit aus vage ange­mahn­ten Ver­bes­se­run­gen Rea­lität wird, sind viele Hür­den zu nehmen:

  • Grund­sätz­lich haben Kana­das Han­dels­mi­nis­te­rin Chrys­tia Free­land und EU-Han­dels­kom­mis­sa­rin Ceci­lia Malm­ström zwar ihre Bereit­schaft erklärt, in einer Pro­to­kol­lerklä­rung Klars­tel­lun­gen vor­zu­neh­men. Doch bis­lang liegt die­ser Text nicht vor. So ist völ­lig unk­lar, ob das Papier auch nur eines der Pro­bleme von CETA ent­schär­fen wird. Dass alle zen­tra­len Punkte behan­delt wer­den, ist ange­sichts der Posi­tion von Malm­ström aber so gut wie aus­ges­chlos­sen. Sie erklärte mehr­fach, dass es neben eini­gen Klars­tel­lun­gen keine Ände­run­gen am Ver­trag und keine zusätz­li­chen Ver­trags-Anhänge geben werde.
  • Das Europäische Par­la­ment hat tatsä­chlich die Macht, CETA als Ganzes abzu­leh­nen oder kann damit dro­hen, um wei­tere Verän­de­run­gen zu erz­win­gen. Die Domi­nanz libe­ra­ler und kon­ser­va­ti­ver Abgeord­ne­ten im EU-Par­la­ment macht es aller­dings unwahr­schein­lich, dass das Par­la­ment seine Macht für Ver­bes­se­run­gen nut­zen wird. Da hilft es gar nicht, dass die SPD jetzt Bedin­gun­gen for­mu­liert hat, die erfüllt sein müs­sen, damit die SPD-Abgeord­ne­ten im Euro­pa­par­la­ment CETA zus­tim­men dürfen.
  • Haben der Minis­ter­rat und das Euro­pa­par­la­ment keine Einwände und stim­men der vorläu­fi­gen Anwen­dung zu, sind die Mögli­ch­kei­ten für wei­tere Klars­tel­lun­gen durch natio­nale Par­la­mente wie den Bun­des­tag sehr ein­ges­chränkt. Diese bräuch­ten die Aner­ken­nung Kana­das und wür­den recht­lich erst wirk­sam, wenn der gesamte Rati­fi­ka­tions­pro­zess abges­chlos­sen ist – was viele Jahre dauern kann. Daran ändert auch der Wille der SPD nichts, dass vor die­ser Ent­schei­dung ein ausführ­li­cher Anhö­rung­spro­zess von natio­na­len Par­la­men­ten und Zivil­ge­sell­schaft durch­geführt wer­den soll.

Keine Frage: Die Bundes-SPD hat ihre Flinte ins Korn gewor­fen. Nun kön­nen wir auf ihre Ableh­nung nicht mehr bauen – und kämp­fen an ande­ren Stel­len wei­ter gegen CETA. Denn auch jetzt kön­nen wir das gefähr­liche Abkom­men noch verhin­dern. Wie stark unsere Bewe­gung ist, haben wir am Sam­stag gezeigt, als wir mit 320.000 Men­schen bun­des­weit auf den Straßen waren.

 Wenn Sie und die vie­len ande­ren Cam­pact-Unterstüt­zer/in­nen das Enga­ge­ment fort­set­zen, kön­nen wir CETA wei­te­rhin stop­pen. Hier ist unser Plan für die nächs­ten Wochen und Monate:

  • Nach der Zus­tim­mung im Minis­ter­rat muss CETA auch vom Euro­pa­par­la­ment rati­fi­ziert wer­den, um in Kraft zu tre­ten. In enger Zusam­me­nar­beit mit unse­ren europäi­schen Part­nern wer­den wir alle deut­schen Euro­paab­geord­ne­ten mit den Schwä­chen des Abkom­mens kon­fron­tie­ren und deren Ableh­nung einfordern.
  • Als gemi­schtes Abkom­men muss CETA auch von Bun­des­tag und Bun­des­rat rati­fi­ziert wer­den, um endgül­tig in Kraft zu tre­ten. Unsere beste Chance ist der­zeit, CETA im Bun­des­rat zu stop­pen. Die Grü­nen sind an 10 von 16 Lan­des­re­gie­run­gen betei­ligt – nach der Ber­lin-Wahl womö­glich an 11. Fast übe­rall haben die Grü­nen klar gemacht, dass sie CETA im Bun­des­rat nicht zus­tim­men wer­den. Doch Baden-Würt­tem­berg, Hes­sen und Ham­burg ducken sich weg. In den kom­men­den Mona­ten müs­sen wir dafür sor­gen, dass auch sie Farbe gegen CETA bekennen.
  • Bis­lang ist es der CDU und CSU zu gut gelun­gen, sich die Debatte vom Leib zu hal­ten. Vor allem die CSU-Basis sieht mit CETA die bäuer­liche, gen­tech­nik­freie Land­wirt­schaft und die kom­mu­nale Ges­tal­tungs­ho­heit bedroht. Mit einem Volks­be­geh­ren in Bayern zwin­gen wir die CSU-Lan­des­re­gie­rung, CETA im Bun­des­rat abzulehnen.

Sie sehen: Es sind gute Optio­nen da. Die Ausei­nan­der­set­zung um CETA wird von uns allen einen lan­gen Atem erfor­dern. Ja, es könnte sogar noch Jahre dauern, bis es uns gelingt, das Abkom­men zu stop­pen. Wenn wir aber dran­blei­ben, schaf­fen wir das auch. Wir sind bei unse­rer Arbeit auf Ihre Hilfe ange­wie­sen! Daher bit­ten wir Sie: För­dern Sie Cam­pact ab jetzt – machen Sie uns lang­fris­tig stark. Schon mit 5 Euro im Monat hel­fen Sie enorm.